„Die haben entweder kein Hirn oder kein Herz“

Am vergangenen Montag war ich mit dabei, als rund dreißigtausend Menschen in Leipzig gegen „Legida“ demonstrierten, das Leipziger Pendant zur islamkritischen Pegida-Bewegung. Die Legida, die sich zum ersten Mal zu einem „Abendspaziergang“ versammelte, kam nach Angaben der Polizei auf lediglich 4800 Teilnehmer.

Bevor die insgesamt dreißigtausend Teilnehmer des Sternmarsches zur offiziellen Kundgebung am Waldplatz zusammenkamen, sammelten sich die verschiedenen Gruppen in der Leipziger Innenstadt.

Auch die Christen der Stadt wirkten mit. So trafen sich mehrere tausend Menschen an der Nikolaikirche zu einem Friedensgebet gegen Fremdenfeindlichkeit. Schon lange vor der Veranstaltung war die Kirche zum Bersten gefüllt; Hunderte standen noch vor der Kirchentür. Trotz der Kälte war die Stimmung gut; Seifenblasen schwebten über den Köpfen der Leute. Eine Lautsprecherdurchsage sprach von „weit über fünftausend Menschen“ auf dem Nikolaikirchhof.

Die Gegendemonstrationen liefen unter dem Motto: „Willkommen in Leipzig – Eine weltoffene Stadt der Vielfalt“. „Weltoffen“, das ist ein Wort, dass man unter den Gegendemonstranten häufiger hören konnte. Schon im Vorfeld hatte der ehemalige Thomaskirchenpfarrer Christian Wolff sich mit diesem Wort gegen Legida ausgesprochen: „Wir haben vor, ein deutliches Zeichen zu setzen für ein weltoffenes Leipzig.“ „Das wollen wir zeigen, Leipzig ist eine weltoffene Stadt“, versicherte auch der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung im Anschluss an das Friedensgebet in der Nikolaikirche.

Währenddessen versammelte sich die Legida auf dem Parkplatz der Red Bull Arena (die aus Protest gegen die Bewegung an diesem Abend unbeleuchtet blieb). Auf einem Transparent war von den Zielen der Legida zu lesen. Man sei „gegen Islamisierung & Multikulti“. In einem Positionspapier der Legida heißt es außerdem, man sei gegen einen angeblichen „Kriegsschuldkult“ in Deutschland und für die „Wiedererlangung unserer nationalen Kultur“. Der sächsische Verfassungsschutz sieht in den Forderungen von Legida rechtsextreme Einflüsse.

Dank des Einsatzes der Polizei kam es während der Protestmärsche zu keinen größeren Zwischenfällen, allerdings wurde die Legida-Demonstration durch Sitzblockaden teilweise gezwungen, ihre geplante Route zu ändern. Außerdem berichteten mir einige Teilnehmer von Glasflaschen, die auf Legida-Demonstranten geworfen worden sein sollen. Eine Studentin auf Seite der Gegendemonstranten drückte darüber ihren ärger aus: „Die Antifa schadet mit so etwas dem eigentlichen Anliegen der Demonstration“, erklärte sie mir nach der Kundgebung am Waldplatz. Im Vorfeld der Demonstrationen hatten sich beide Parteien für einen gewaltfreien Verlauf des Abends ausgesprochen.

„Die haben entweder kein Hirn oder kein Herz,“ erklärte mir eine Teilnehmerin der Gegendemonstrationen. Sie könne nicht verstehen, weshalb Menschen bei Legida mitlaufen. Auf die Frage, warum er heute Abend hier gewesen sei, antwortete mir ein anderer der Demonstranten, er wolle „ein Zeichen setzen.“ „Die ,schweigende Mehrheit’ ist nicht für Pegida und co,“ meinte er.

Die Position dieser „schweigenden Mehrheit“ wurde am Montagabend eindrucksvoll dokumentiert. Mit der überraschend hohen Teilnehmerzahl haben die Bürger von Leipzig ein Zeichen gesetzt gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in ihrer Stadt.

Die Organisatoren der Legida haben inzwischen angekündigt, nächsten Montag einen weiteren „Abendspaziergang“ durchführen zu wollen. Dann werden sicher auch wieder zahlreiche Menschen aus Protest gegen Legida auf die Straße gehen.