Die Messianischen Juden und der Kirchentag

In den letzten Tagen verbreitete sich in evangelikalen Kreisen die Nachricht, dass auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg dem messianisch-jüdischen Missionswerk „Beit Sar Shalom“ ein Auftritt mit eigenem Stand auf dem Markt der Möglichkeiten von der Leitung des Kirchentags verwehrt worden war. (Eigentlich ist das keine richtige Nachricht, da messianisch-jüdischen Gemeinden in den letzten Jahren nie das Standrecht auf dem Kirchentag eingeräumt worden war.)

Zur Begründung gab die Generalsekretärin des Kirchentags Ellen Ueberschär gegenüber der Nachrichtenagentur idea an, dass am Kirchentag nur Organisationen teilnehmen dürften, die dialogorientiert seien und andere nicht verletzten. Schon im Jahr 1999 habe das Kirchentagspräsidium beschlossen, dass eine Teilnahme von jüdisch-messianischen Gruppen nicht gestattet werden würde.

Judenmission oder Mission durch Juden

Der Knackpunkt des Problems sei hierbei die sogenannte Judenmission. Die offizielle Position der EKD ist, Judenmission, „sofern man darunter eine planmäßig durchgeführte, personell und institutionell organisierte Aktivität von Christen mit dem Ziel der Verbreitung christlichen Glaubens unter jüdischen Menschen versteht“ nicht zu vertreten oder zu fördern – aus guten historischen und theologischen Gründen. Man möchte das friedliche Nebeneinander der Religionen fördern, nicht das ständige gegenseitige Abjagen von Mitgliedern, etwa weil man nur sich selbst im Besitz der Wahrheit wähnt.

Ich möchte einmal die Frage stellen, was diese messianische Gemeinde auf dem Kirchentag wollte. Sind diese Menschen Zwietracht säende Spalter, die die Juden vom Kirchentag vergraulen und dem jüdischen Glauben das Heil absprechen wollten? Oder sind es Menschen, die sich zum christlichen Glauben bekehrt haben und ihre Begeisterung für diesen Glauben weitergeben wollen? Zugegeben, ich weiß es nicht.

Der Evangelische Pressedienst zitiert den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider mit den Worten: „Juden missionieren zu wollen wäre ebenso absurd, wie wenn Protestanten Katholiken missionieren wollten.“

Das mag so stimmen. Nun soll es ja aber durchaus Katholiken geben, die zum Protestantismus „konvertiert“ sind (und natürlich auch umgekehrt). Was ist mit diesen Leuten? Sollten wir sie als Ausreißer in der Statistik ignorieren, weil sie das ökumenische nebeneinander von Evangelisch und Katholisch stören? Solchen Christen das öffentliche Auftreten zu verbieten wäre doch Unfug!

Zwischen den Religionen

Dass es eine gute Position ist, eine aktive christliche Missionierung unter Juden unterbinden zu wollen, möchte ich gar nicht abstreiten. Aber was ist nun mit diesen Juden, die Jesus Christus ihren Messias nennen? Von den Juden werden sie als Abtrünnige ausgeschlossen. Sind sie für uns Christen nur ein Dorn im ökumenischen Auge? Das Verhältnis messianischer Juden zur Evangelischen Kirche ist noch lange nicht ausreichend geklärt!

Ich finde es bedauerlich, dass der Kirchentag im Umgang mit diesen judenchristlichen Gruppen keine bessere Lösung finden konnte. Besonders, da der Kirchtag doch schon immer ein Ort der Begegnung, aber auch der Auseinandersetzung war. Auf dem Kirchentag waren wie jedes Jahr auch wieder Gruppen dabei, deren theologische Positionen ich deutlich haarsträubender finde. Wenn man auf dem Kirchentag mit solchen Leuten ins Gespräch kommen und auch unterschiedlicher Meinung sein kann, warum nicht auch mit diesen Judenchristen?

Schlimmer als eine Sekte?

So gibt es auf dem Kirchentag und auf dem Markt der Möglichkeiten jedes Jahr wieder allerhand Stände und Angebote von kleinen, Skurrilen Rand- und Splittergruppen. Und das ist auch völlig in Ordnung so!

Aber nun diese kleine aber legitime Gemeinde von Christen übler zu behandeln als all diese „verqueren Grüppchen“ und sie von der Gemeinschaft auf dem Kirchentag von vornherein auszuschließen, finde ich, gelinde gesagt, nicht in Ordnung!